Butterbrot.de > Brotzeit > zurück

Mettschnittchen contra öde Familienfeier

Langweilige Familiengeburtstage! Unpersönliche Geschenke: Schnaps - den keiner trinkt, ein paar
Schnittblumen und Briefumschläge mit Geldnoten wechseln ihren Besitzer. Schweigen, in die Luft
starren, anöden! Doch ein Highlight gibt es: Nach jahrelangen Mühen mit dem Geburtstagsmahl,
Kopf zerbrechen – Was koche ich? - und gegenseitigem übertrumpfen kam die Familie – besonders
die Frauen – überein, nur noch Butterbrote zu kredenzen. Schnittchen in allen Variationen: mit
Butter oder Margarine, mit Wurst oder Käse, mit und ohne Garnitur. Als Beilage noch Gürkchen
und Party-Zwiebeln. Aber die Krönung ist und bleibt das Mettschnittchen – oder auch mal das
Mettbrötchen!

Halb und halb mit Salz und Pfeffer gewürzt. Auf einem Teller warten kleine in Würfel
geschnittene Zwiebeln darauf, dass das Mettschnittchen in dieselben getaucht werden. Ordentlich
festgedrückt haften die Zwiebeln auf dem Mettbelag. Und dann kommt der große Augenblick: Das
Graubrot-Schnittchen mit Zeigefinger und Daumen an der knusprigen Kruste, spitz gehalten und
mit allen Sinnen erlebend, bedächtig zum Mund geführt. Derweil läuft – vor Erwartung - langsam
prickelnd der Speichel in den Mundraum und auf die Zunge. Die Augen sind starr auf das
Butterbrot gerichtet. Nichts und niemand kann diesen konzentrierten Augenblick stören: kein auf
dem Stuhl schnarchender Opa, kein gähnender Onkel, keine lamentierende Tante und erst recht
keine sich angiftenden Cousinen.

Alle Sinne sind diesem wahrlich einzigartigen Genuss zugewandt: Der Duft von gewürztem Mett und
Zwiebeln, der die Nikotin- und Bierwolken ohne Probleme durchdringt; das frische rosige Mett,
das sich nur langsam an der Luft bräunt. Kurz bevor das Butterbrot den Mund erreicht, öffnet
sich dieser, die Zungenspitze benetzt die Lippen, blitzende weiße Zähne und Mettschnittchen
stehen sich nun gegenüber. Und dann ... schnapp! Reißen die Zähne ein Stück aus der Beute.
Langsam, aber genüsslich nehmen die Geschmacksnerven das intensive, wohlige Aroma auf.
Genießerisches Kauen, Schlucken und der Bissen rinnt die Speiseröhre hinunter bis in den Magen,
der schon auf den Leckerbissen wartet.

Ein Happen, ein Butterbrot nach dem anderen werden vertilgt. Indessen fristen die armen
Dauerwurst-, Käse- und Schinkenbrote ihr Dasein auf der Servierplatte. Sie werden erst
angerührt, wenn alle Mettschnittchen ihre ERFÜLLUNG gefunden haben.

Silke Noltenhans

zurück